Pressemitteilung 26.4.2011

Tag gegen den Lärm - Verkehr lässt Vaihingen noch nicht ruhen

Vor fünfzehn Jahren erklärte der Stuttgarter Gemeinderat diesen Filderbezirk zum Pilotprojekt und ließ den ersten Lärmminderungsplan entwickeln. Was wurde seitdem erreicht? Die ISA e.V. (Initiative Schönes Attraktives Vaihingen) nimmt den bundesweiten „Tag gegen Lärm“ am 27. April zum Anlass, eine Zwischenbilanz zu ziehen.


„In Vaihingen kommen sämtliche Arten von Lärmquellen vor: Autobahnen, Bundesstraßen, städtische Hauptverkehrsstraßen, Stadtbahnen, Eisenbahnen, Gewerbebetriebe, Sport- und Freizeitanlagen. Diese verschiedenen Lärmquellen verursachen im Stadtbezirk Vaihingen eine teilweise sehr hohe Belastung. ... Ziel ist, dass überall die Richtwerte eingehalten werden können,“ führt der Lärmminderungsplan aus (S. 15)
Der Fluglärm war damals nur deshalb aus den Betrachtungen ausgeklammert worden, weil keine Eingriffsmöglichkeiten seitens der Stadt gesehen wurden. Tatsächlich fühlten sich Vaihingerinnen und Vaihinger auch von dieser Lärmquelle belästigt.
Was hat sich im letzten Jahrzehnt verändert?
Die Stadt Stuttgart hat eine große Zahl von Einzelmaßnahmen umgesetzt. Dazu zählen insbesondere der kostenintensive Umbau innerörtlicher Straßenräume wie der Rückbau der westlichen Hauptstraße auf je eine Spur pro Fahrtrichtung, die Verengung der nördlichen Heerstraße oder die Kreisverkehre in der Büsnauer Straße, in der Rohrer Mitte und am Wallgraben. Der Verkehrslärm hat in diesen Straßenabschnitten spürbar nachgelassen.
Die Einführung des flächendeckenden Fahrverbots für Lkw erwies sich demgegenüber als wesentlich schwieriger – hier war die Stadt Stuttgart auf die Mitwirkung des Regierungspräsidiums angewiesen.
Tatsächlich zeigt sich, dass von den Maßnahmen, die sich nicht direkt durch städtische Ämter bewältigen lassen, bis heute so gut wie nichts realisiert ist, selbst wenn solche Maßnahmen große lärmmindernde Effekte hätten und mit geringen Kosten umsetzbar wären.

An den lautesten Straßen in Vaihingen, den Autobahnen A 8 und A 831, wurde kein einziger Vorschlag des Lärmminderungsplans aufgegriffen. Die wiederholten Versuche, eine Geschwindigkeitsbegrenzung zu erreichen, zuletzt von den Freien Wählern im Bezirksbeirat S-Vaihingen unter Zustimmung aller anderen Fraktionen gefordert, lief bisher beim Regierungspräsidium Stuttgart ins Leere.
Auch entlang der Gäubahn wurde keine einzige Maßnahme ergriffen, um die Anlieger nachhaltig vor dem Schienenverkehrslärm zu schützen.
Der Verkehr auf gerade diesen drei Trassen verlärmt jedoch weite Teile des Vaihinger Stadtbezirks und macht sie nicht nur zum Wohnen und Arbeiten unattraktiv, sondern auch für Erholungszwecke nahezu ungenießbar.
Insgesamt hat das Verkehrsaufkommen auf der Straße und der Schiene in und um Vaihingen deutlich zugenommen. Zusätzlich darf sich Vaihingen, nachdem das Flugdrehkreuz nach Osten verschoben wurde, „Flugerwartungsgebiet“ nennen.
Punktuelle Erfolge der städtischen Lärmminderung wurden so in der Fläche wieder zunichte gemacht.
Nach dem Rauchen gilt Lärm als wichtigste Ursache für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Europäische Union erließ zwischenzeitlich strengere Richtwerte zugunsten der Gesundheitsvorsorge. Demnach darf der Umgebungslärm nachts maximal 45 d(B)A erreichen, sollen langfristig Gesundheitsschäden vermieden werden. Auch der deutsche Sachverständigenrat für Umweltfragen empfahl schon im Jahr 1999 diesen Wert als obere Grenze und wies ergänzend darauf hin, dass Menschen mit Bluthochdruck, Kranke und Kinder deutlich lärmempfindlicher sind. Dieser Wert wird jedoch in rund 80% der Wohnsiedlungsflächen Vaihingens überschritten. Entlang der A 8 und der A 831 betragen die nächtlichen Lärmwerte mehr als das Doppelte dieses Vorsorgewertes.
Warum und wie Lärm auch durch andere Wirkungen nachhaltig zur Reduzierung von Lebensqualität beiträgt, steht im Fokus des diesjährigen „Tag gegen Lärm“, den die Deutsche Gesellschaft für Akustik mit vielen weiteren Organisationen seit dreizehn Jahren veranstaltet.
Was wird sich in naher Zukunft ändern?
Die Stadt Stuttgart bemüht sich weiter um den Rückbau von Straßenabschnitten, bekanntlich wird als Nächstes die Osterbronnstraße zurückgebaut.
Gleichzeitig werden jedoch Planungen vorangetrieben, die Vaihingen kaum zur Ruhe kommen lassen werden:
Der Bundesverkehrswegeplan 2003 sieht den Ausbau der A8 von sechs auf acht Fahrspuren vor, was bisher in der Vaihinger Bürgerschaft kaum bekannt ist.
Das Unternehmen aurelis will im Zentrum Vaihingens rund 35.000 Quadratmeter neue Geschlossflächen genehmigt bekommen, was täglich mindestens 7.500 weitere Pkw-Fahrten hinein nach Vaihingen bringen wird.
Und der Baustellenverkehr rund um die Rohrer Kurve, als Bestandteil des Konzeptes S 21, wird für die Ortsteile Dürrlewang, Rohr und Vaihingen für einige Jahre eine zusätzliche Dauerlärmquelle bilden, die der Lärmminderungsplan noch gar nicht kannte.
Die ISA bereitet daher für das Jahr 2011 verschiedene Aktionen vor und bietet allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich gegen „Verkehrslärm in Vaihingen“ engagieren möchten, ein Forum: isa-vaihingen@web.de