Pressemitteilung 13.9.2010

Gelingende Bürgerbeteiligung braucht eine breite Basis, hohe Transparenz und stete Nachvollziehbarkeit

Die ISA e.V. (ehemals Initiativkreis Schwabenbräu Areal) hat in den Jahren ihres Bestehens schon sehr unterschiedliche Erfahrungen mit der Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an Stadtplanungsprozessen sammeln können. Bisher waren es überwiegend Bauleitplanverfahren der öffentlichen Hand.
Am kommenden Mittwoch, 15. September 2010, wird in Vaihingen mit dem „moderierten Beteiligungsprozesses“ der aurelis Real Estate GmbH & Co. KG eine privat organisierte Bürgerbeteiligung starten.
„Für unseren Verein gibt es mehrere Kriterien, an denen wir eine gelungene Bürgerbeteiligung messen. Dazu zählt beispielsweise, dass alle gesellschaftlichen Gruppen über die Planungsabsichten informiert werden und für sie realisierbare Möglichkeiten erhalten, ihre jeweiligen Interessen in den Planungsprozess einzubringen. Dazu zählt auch, der Einwohnerschaft nicht nur Gehör zu schenken - denn dann wäre es lediglich eine Bürgeranhörung - sondern den Bürgerinnen und Bürgern mit ihrem Engagement auch wesentlichen Einfluss auf das spätere Planungsergebnis einzuräumen. Hierfür ist es notwendig, ihnen sämtliche Informationen zur Verfügung zu stellen, die in das Planungsvorhaben einfließen. Wichtig ist zudem, dass die Beteiligten ihre jeweilige Rolle ehrlich kommunizieren und nicht verdeckte Interessen vertreten, da sonst ein offener Beteiligungsprozess schnell an Glaubwürdigkeit verliert und scheitern kann“, erläutert Kristin Wedekind einige wichtige ISA-Kriterien.
Eine ganz besondere Bedeutung hat dabei der Maßstab, mit dem verschiedene Planungsvarianten bewertet werden, um zu einer Lösung zu gelangen. Dieser Maßstab soll-te in einem sehr frühen Stadium des Planungsprozesses gemeinsam mit allen Beteiligten entwickelt werden, weil es sich hierbei um eine „In-Wert-Setzung“ öffentlicher und privater Belange handelt.
Für die Flächen östlich des Bahnhofs Vaihingen will die ISA folgende Punkte einbringen:

- Heutige Ausprägung der Fläche und natürliche Eignung: Sie ist beispielsweise bedeutsam für den Arten- und Biotopschutz und hat stadtklimatologische Relevanz, außerdem wird sie durch den heute noch verdohlten Sindelbach gequert.

- Ortshistorische Bedeutung: Der Bau der Gäubahn und der Anschluss „Vaihinger Bahnhof“ bildeten vor rund hundert Jahren den Anlass für den rasanten Aufschwung des Ortes Vaihingen a.d.F.; die Gäubahn zählt mit allen Nebenanlangen unter die Landeskulturdenkmäler.

- Einbettung der Fläche in die stadträumlichen Bezüge: Sie bildet beispielsweise eine Zäsur zwischen dem Gewerbegebiet Am Wallgraben und der Wohnbebauung westlich der Bahngleise. Heute ist die Fläche öffentlich kaum zugänglich, sie stellt einen Riegel zwischen der Vaihinger Ortsmitte (bzw. Emilienstraße) und dem Regierungspräsidium dar, weshalb Zugänglichkeit und neue bzw. bessere Querungsmöglichkeiten einen hohen Stellenwert erhalten sollten.

- Art und Umfang der Nutzungen im Kontext Vaihingens: Die Art(en) der Flächennutzung sollte aus der örtlichen Sicht heraus entwickelt werden, weil so ein größtmögliches Maß an Akzeptanz und dauerhafter Nutzung erreicht werden kann. Die Fläche hat sowohl Bedeutung für die ortsansässige Bevölkerung als auch für die Beschäftigten im Gewerbegebiet Am Wallgraben. Hierzu gehören Fragen wie: Werden bisher nicht oder unzureichend gedeckte Bedarfe angesprochen, und in welchem Maß? Wird der existierende Einzelhandel geschützt und gestärkt?

- Erschließung: Mit ihrem hervorragenden Anschluss an das S- und U-Bahnnetz wäre diese Fläche eigentlich für öffentliche Nutzungen mit hoher Nutzungsfrequenz prädestiniert, insbesondere für solche Bevölkerungsgruppen, die auf den ÖPNV angewiesen sind oder den ÖPNV bevorzugt nutzen (wie z.B. Schülerinnen und Schüler, Studierende, Ältere, Geringverdiener). Angesichts der Vorbelastung Vaihingens sollte kein weiterer motorisierter Individualverkehr erzeugt werden.

- Städtebauliche Qualität und Nachhaltigkeit: Wird diese Fläche auch in langfristiger Sicht tatsächlich nicht mehr als Umschlagspunkt benötigt (das Gewerbegebiet Am Wallgraben stellt das größte Gewerbegebiets Stuttgart dar und soll nun seinen Gleisanschluss verlieren)? Wie fällt die Umwelt- und Sozialverträglichkeit der ausgewählten Vorhaben aus? Werden diese Vorhaben dauerhaft Nutzer finden (und finanzierbar sein)? Wie fügen sich die Vorhaben in die räumliche Umgebung ein; vermitteln sie zwischen dem bereits Vorhandenen? Orientieren sie sich in Bau und Betrieb an den Kriterien des Nachhaltigen Bauens (vgl. DGNB-Zertifizierung)?

- Architektonische und grünplanerische Gestaltgebung: Wird etwas Unverwechselbares geschaffen, das einen positiven Beitrag zur Ortsidentität leistet? Werden kulturelle Werte erhalten und neue geschaffen? Schließlich stellt der Vaihinger Bahnhof nicht nur das „Eintrittsportal Vaihingen“ für Tausende von Berufspendlern dar und wird von den Ortsansässigen oft aufgesucht, sondern bildet auch eine „Merkpunkt“ für all diejenigen, die Vaihingen auf der Schiene durchfahren.

Inwieweit solche und gegebenenfalls weitere Punkte berücksichtigt werden, daran muss sich aus unserer Sicht das Planungsergebnis messen lassen, formuliert die ISA ihre Erwartungen an den nun startenden Planungsprozess.